Hintergrundinfo kenianisches Schulsystem
Für alle, die gern mehr Hintergrundinformationen haben wollen, hier mal ein paar Infos und Gedanken zum „neuen“ kenianischen Schulsystem. Neu deshalb in Anführungszeichen, weil schon das zweite Jahr installiert und bei uns betrifft es bereits Klasse 3 (und abwärts). Das frühere britische System waren 3 Klassen Nursery, 8 Klassen Primary, 4 Klassen Secondary, danach College, Uni, qualifizierten Beruf erlernen. Es gab zwar auch die Möglichkeit, nach der Primary gleich in eine der so genannten Technical schools zu gehen, die wirklich guten haben aber Secondary vorher verlangt. Was jede Berufsausbildung einfach unglaublich teuer gemacht hat. Ein duales System wie bei uns gibt es übrigens nicht und keine Firma würde einem Lehrling etwas zahlen. Im Gegenteil, der Lehrling zahlt dem Lehrherrn, nur, gibt es praktisch nicht.
Ein weiteres großes Problem – kaum eine Schule hatte Primary und Secondary gemeinsam, und die Prüfung am Ende der Primary war praktisch fast lebensentscheidend.
Das neue System ist rein äußerlich:
2 Klassen Pre-Primary, 3 Klassen Lower Primary, in Klasse 3 eine Prüfung, die aber nur eine Orientierungsprüfung ist und Talente frei legen soll. 3 Jahre Upper Primary, in Klasse 6 wieder eine Orientierungsprüfung, ebenfalls für die weiteren Talente, welche Fächer, welcher Berufswunsch. Dann 3 Klassen Junior High und 3 Klassen Senior High, dann praktisch Matura. Und ein – schafft die Highschool nicht – soll es praktisch nicht geben, weil man Talente frühzeitig erkennen möchte. Und eine Entscheidung für eine Berufslehre gibt es dann praktisch auch schon nach Klasse 6 Primary.
Und Einschulung (Pre-Primary) erst mit 4 Jahren und nur noch mit einer Geburtsurkunde, keine jüngeren Kinder, die nur zur Aufbewahrung abgegeben werden, und strengere Kontrollen, ob Kinder auch kommen.
Und jetzt ist man gerade dabei, die Lehrpläne zu entrümpeln und die Inhalte den neuen Zielen anzupassen. Und diese Ziele sind ganz klar definiert – Talente suchen und fördern. Daher wird in der Primary auch wieder Wert gelegt auf handwerkliche Fähigkeiten, basteln, werken, einen Stuhl bauen können usw.
Mein Professor Katana wurde in den nationalen Think-Tank berufen, um nun diese Lehrpläne mit Leben zu füllen und er hat mich eingeladen, meine Ideen einzubringen und mit ihm auszutauschen. Was ich gern tun werde.
Für uns bedeutet das – wir sind genau richtig aufgestellt, weil ich seit Jahren auch predige, schaut auf die Fähigkeiten, weckt Interesse, lasst nicht nur auswendig lernen, wertet Handwerksberufe auf usw. Und weil wir das bereits haben, alles unter einem Dach.Derzeit haben wir auch den ersten unserer Schüler, für den akademische Laufbahn einfach nicht mehr stimmig war und der gelitten hat, in eine Technical School geschickt, mit der wir in Zukunft zusammenarbeiten wollen und er lernt dort jetzt Tischler. Und er Schule gibt es noch Elektriker, Automechaniker und Schneider.
Die Regierung hat außerdem die Zugangsbeschränkungen an der Uni deutlich gelockert, bisher musste man eine glatte 2 haben, damit das überhaupt irgendwie leistbar war, jetzt genügt eine 3. Es fehlt nämlich an allem. Kenia braucht gut ausgebildete Kräfte. Die Chinesen haben das erkannt und vergeben jährlich einige Tausend Stipendien, Studium in China, dann werden die jungen Leute zurück geschickt.
Und ich sag es nochmals, trotz immer noch Korruption, trotz immer noch vielleicht nicht die Demokratie, die wir uns so vorstellen, seit der Reform vor drei Jahren geht richtig was weiter und es sitzen fast durchwegs Fachkräfte auf den politischen Sesseln. Hoffen wir, dass es so bleibt und bis dahin fühle ich mich geehrt, dass man meine Meinung hören will, egal was dann damit passiert.
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