So schnell waren wir noch nie. Und wenn ich wir sage, ist das von meiner Seite ein Schmücken mit fremden Federn, denn das Lob gebührt ganz allein unserer Sarah, die von sich sagt, sie sei kein Zahlenmensch, die aber das Wunder vollbracht hat, am 1. des neuen Jahres abends mit dem Finanzbericht fertig zu sein. 13.477 Buchungen. Den Rechenschaftsbericht, also ausformuliert das, was wir alles 2023 mit dem Geld in Kenia bewirken konnten, den gab es ja schon einen Tag vorher. Und – es war das beste Jahr, das Harambee je hatte, mit knapp einer Million Euro an Spendenaufkommen und nur 0,5% Verwaltungskosten.

Nun, ich bin auch nicht so der Zahlenmensch, aber aus einem anderen Grund. Mich interessiert nicht nur, dass alles „ordnungsgemäß“ verbucht wurde, dass auch alles nach Kenia ging, mich interessiert, wie sinnvoll wurde es dort eingesetzt. Ganz flapsig ausgedrückt, wenn ich morgen die Miete nicht zahlen kann, gehe ich heute nicht ins Tatoo-Studio. Also ich zumindest nicht. Oder auf Kenia übertragen – auch wenn ich sehr zukunftsorientiert bin und weiß wo ich in einem Jahr, in drei Jahren, in fünf Jahren stehen will, geht es doch darum, die Balance zu halten zwischen Hilfe heute und Blick in die Zukunft. Genauer gesagt, Grundstücke kaufen, Gebäude errichten, natürlich, aber doch erst, wenn ich die Basics abgedeckt habe – qualitativer Unterricht für alle Kinder im Projekt, Frühstück, vielleicht sogar ein Mittagessen, Krankenversicherung, vor allem aber – Schulbücher und Unterrichtsmaterial. Am Beispiel unserer neuen Schule – ja, wir bauen auf einem neuen Grundstück und haben schon gerodet, Zaun drum herum, Eingangstor, Wasser, Wasserspeicher, Toiletten, das erste Gebäude startet demnächst. Aber ich hätte das niemals begonnen, wenn ich nicht vorher und parallel dazu alle 125 Kinder, die derzeit in einem nicht so guten Umfeld lernen, Möbel, Schuluniformen, Schuhe, Sportdressen und vor allem Bücher für alle verschafft hätte. Plus ein Porridge Frühstück, Bananen, Eier, was immer. Plus Krankenversicherung. Plus – Kinder sollten in einem Bett schlafen. Und während El Nino, des Hochwassers, sind Decken, warme Kleidung, eine neue Hütte für eine Familie, die alles verloren hat, das Gebot der Stunde, da muss auch der neue Basketballplatz kurz mal warten.

Dieser Spagat zwischen Gegenwart und Zukunft ist nicht immer einfach, aber ich bin jetzt fast 40 Jahre selbständige Unternehmerin, da gehört dies zum täglichen Geschäft.

Auch wichtig hinter den Geldern, die nach Kenia gehen – wie sorgfältig wird da damit umgegangen. Wer bügelt Fehler aus? Die letzte Frage kann ich schnell beantworten – ich. Die erste Frage, nämlich wie sorgfältig wird mit dem Geld umgegangen, erfordert viel Kommunikation, auch einiges an Kontrolle und genauso viel Wissen über Preise, Verhältnisse, Strukturen. Beginnt schon oft damit, welcher Umrechnungskurs wird mir da angeboten. Seit ich mich selbst Tag genau direkt in der Bank erkundige, bleibt uns wesentlich mehr übrig. Immer wieder das Abwägen von Qualität und Preis und auch – welcher Preis wurde mir genannt und bekomme ich dann auch die gezahlte Qualität. Ein sehr beliebter Hütchenspielertrick in Kenia. Haben die Kinder wirklich die Schuhe um 1.200 KHS bekommen, die mir verrechnet wurden, oder die billigen um 400, die nach einer Woche kaputt sind? Und irgendwann merken dann auch alle – betrügen geht nicht, die kommt uns auf die Schliche. Notfalls frage ich meine Freundin, die nicht weiß, worum es geht, „du, sag mal, was kosten gerade gute Schuhe für die Schule, was kosten 2 Kilo Mais oder wie ist gerade der Benzinpreis?“

Und daher – dieser Finanzbericht ist nicht nur großartig, ich kann versichern, das gesamte Geld wurde auch auf der anderen Seite des Äquators so verwendet, als hätten alle vor Ort jeden Euro selbst verdienen und aus ihrer Tasche nehmen müssen.

Danke an alle für dieses großartige Jahr.

 

Gabriela Vonwald