Arbeit schaffen

Manchmal fragen mich Menschen in Europa, warum ich hier trotz viel Arbeit so entspannt bin. Das immer warme Wetter allein kann es ja nicht sein. Und ich antworte dann manchmal flapsig: „Weil ich mir hier eine Haushaltshilfe leisten kann. Und einen Chauffeur. Und jemanden, der mal schnell was einkauft. Und…“

Kenia ist ein Land kleiner Dienstleister. Jede berufstätige Frau hier hat mindestens eine oder zwei ungelernte Kräfte, Frauen oder Männer, für die „niederen“ Arbeiten. Mit denen dann diese Hilfskräfte wieder ihre Familien ernähren. Die Kinder werden gehütet, die Wäsche gewaschen, der Garten bestellt oder man wird rasch zum Einkaufen gebracht.

Während Corona war daher auch genau das sehr spürbar, dass eben niemand mehr wen gebraucht hat, der die Wäsche waschen würde oder die Kinder beaufsichtigen. Alle waren zuhause und vor allem diese kleinen Arbeiten sind es normalerweise, warum es trotz Armut irgendwie weiter geht.

Man glaubt in Europa ja oft, man kann doch nicht wen für sich die Drecksarbeit machen lassen. Auto waschen zum Beispiel. Wird man gerade als Weiße da nicht gehasst? Ganz im Gegenteil, würde ich das selbst machen, würde ich Menschen Arbeit wegnehmen. Als ich kurz darüber nachgedacht hatte, eine Waschmaschine anzuschaffen, saß meine Haushaltshilfe Riziki heulend neben den Stufen.

Auch früher hab ich das oft erlebt am Flughafen oder auch im Hotel. Da kommt ein junger Kenianer und bietet an, den Koffer zu tragen bis zum Auto. Und fast jeder Tourist reagiert gleich, bloß nicht. Kann ich selbst, wer weiß, ob der damit nicht abhaut, oder auch – nett gemeint – das wäre doch Ausbeutung. Nein, es selbst zu machen, das wird hier als Ausbeutung empfunden. Warum lässt du dem jungen Mann nicht die paar Schilling zukommen du Geizkragen – das wird hier gedacht.

Was aber bei diesen Arbeiten anders ist als bei uns – man hat Zeit.

Riziki ist den ganzen Tag angestellt, also ab 8 Uhr darf sie kommen, und wie sie wann was macht, das teilt sie sich ein. Dazwischen plaudert sie mit dem Gärtner, bekommt ihren Tee, ihr Frühstück, ihr Mittagessen. Sie überarbeitet sich nicht, es ist eher eine langsame, gleichmäßige Bewegung. Völlig unverständlich, dass jemand wie bei uns, wo Zeit Geld bedeutet, seine Hausangestellten antreibt, doch schneller das Bett zu machen oder den Boden zu wischen. Am Abend wird beides erledigt sein, ob dazwischen ein Tee getrunken wird oder geplaudert, wen kümmert es.

Ich weiß schon, dass man die Zeit bei uns nicht zurück drehen kann, dass es sehr, sehr teuer ist, jemanden zu beschäftigen (ich bin seit fast 40 Jahren auch in Österreich Arbeitgeber), aber so ein kleines bisschen würde ich es mir zurück wünschen. Dass man Menschen beschäftigt und nicht Maschinen und mit mehr Gelassenheit in den Tag geht.

Riziki hat mir gerade eine Mango geschnitten und sich zum Mittagessen verabschiedet. Und alles ist gut.

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